21.03.2023

Klimafit in die Zukunt

Die Weichen für das vorherrschende Thema Energiewende sind gestellt:

Öffentliche Gebäude erfüllen nicht nur einen bestimmten Zweck als Krankenhaus, Schule oder Verwaltungsgebäude.Durch die hohe Frequentierung haben sie als Vorzeigeprojekte in Sachen Klimaschutz eine Multiplikatorfunktion.

Von MAG.a ANDREA BURCHHART

Den Klimawandel einzudämmen ist eine Herausforderung, für deren Bewältigung alle Möglichkeiten genützt werden müssen. Ein Ausstieg aus den fossilen Energieträgern ist unumgänglich. Der Umweltkontrollbericht 2022 macht Hoffnung*: Darin heißt es, dass Österreich ausschließlich mit erneuerbarem Strom versorgt werden kann, wenn Stromproduktions- und Netzinfrastruktur rasch und umfassend aus- und umgebaut werden.

Mit einem gemeinsamen Handeln von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft könne die Klimaneutralität 2040 gelingen. Unabdingbare Voraussetzung sei allerdings eine rasche und ambitionierte Umsetzung der Punkte aus dem nationalen Energie- und Klimaplan sowie die Ausweitung und Intensivierung weiterer Maßnahmen. Der öffentlichen Hand mit allen Akteurinnen und Akteuren fällt einmal mehr eine besondere Verantwortung und Vorbildfunktion zu.

Ausstieg aus fossilen Brennstoffen
Seit 2020 gilt für alle Neubauten und Generalsanierungen der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und ihrer Tochterfirma ARE ein konzernnachhaltiger Mindeststandard, der über die gesetzlichen Anforderungen hinausgeht. Dieses „Holistic Building Program“ stellt sicher, dass alle Projekte jedenfalls den klimaaktiv SILBER-Standard (750 klimaaktiv Punkte) erreichen. „Der BIG Konzern verantwortet mehr als 2.000 Liegenschaften in ganz Österreich.

Mit zahlreichen Neubau- und Sanierungsprojekten mit jährlichen Investitionen von rund 600 Millionen Euro haben wir eine große Gestaltungschance“, macht Betriebsratsvorsitzender Thomas Rasch deutlich. Durch die Umsetzung der Mindeststandards werden CO2- Emissionswerte deutlich reduziert, klimaschädliche Baustoffe vermieden und der Ausstieg aus fossilen Brennstoffen forciert.

Derzeit befinden sich bereits 114 Photovoltaikanlagen auf Dächern von BIG-Schulen, 90 weitere Schulgebäude werden auf ihre Eignung für Photovoltaik geprüft. Jeder Schulneubau soll in Zukunft mit Photovoltaik-Anlagen, wo immer es technisch und wirtschaftlich möglich ist, ausgestattet werden. Ziel ist, das maximale Ausmaß zur Erzeugung von erneuerbaren Energien zu nutzen und den Stromverbrauch so weit wie möglich kostenneutral zu decken.

Quelle: *umweltbundesamt.at/studien-reports/umweltkontrollbericht/ukb2022

Das Pilotprojekt in der Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe in der Strassergasse, mit einer Photovoltaikanlage und einer nachhaltigen Energiezentrale, wurde Ende des Jahres 2022 fertiggestellt. Hier zeigt sich durch den kombinierten Einsatz von Wärmepumpen, einem Pelletskessel, Photovoltaikanlagen und Wärmespeicher, wie nachhaltige Energieversorgung funktionieren kann.

Der Betrieb der Wärmeerzeugungsanlagen erfolgt zum Teil durch Lokalstrom aus Photovoltaikanlagen. Die Energiesysteme werden kombiniert betrieben und digital mittels Software optimiert. Auch für sämtliche Liegenschaften des Innenministeriums stehen die Zeichen auf Energieautarkie. Im Rahmen der Blackout-Vorsorge wurde 2021 damit begonnen, 100 Polizeidienststellen mit Photovoltaikanlagen auszustatten.

Ende August letzten Jahres wurde Europas modernstes Einsatztrainingszentrum in Süßenbrunn eröffnet. Es bietet Platz für etwa 200 Polizistinnen und Polizisten. Zwei Photovoltaikanlagen am Dach decken etwa 15 Prozent des Energiebedarfs ab. Geheizt wird mit einer Wasser- Wärmepumpe mit je zwei Entnahme- und Schluckbrunnen (rund 850 kW Heizleistung).

Im Sommer werden mit diesem Brunnenwasser direkt die sechs Raumschießanlagen über die Lüftungsanlagen gekühlt und die weiteren kleineren Lüftungsanlagen mit Kälte versorgt (rund 400 kW Kälteleistung, ±6° Außentemperatur). Zusätzlich wird über eine kleine Luft-Wasser-Wärmepumpe (rund 180 kW Heiz-/Kühlleistung) das Warmwasser erzeugt und im Sommer die Büros und Seminarräume zusätzlich gekühlt.


Abkühlung gefällig?
Bei den immer heißer werdenden Temperaturen im Sommer gewinnen Überlegungen zu Kühlungsmög-lichkeiten immer mehr an Bedeutung. Beim Neubau des Bezirksgerichts Seekirchen beispielsweise, das von der BIG-Tochter ARE umgesetzt wurde, wurde das im Vorfeld im architektonischen Konzept berücksichtigt. Während das Untergeschoß und Teile des Erdgeschoßes aus statischen Gründen in Stahlbetonbauweise gefertigt sind, wurden für die Außenwände der Obergeschoße 50 cm starke Ziegel verwendet, wodurch ein sehr guter Dämmschutz erreicht wird.

Zudem wurde die Möglichkeit geschaffen, das Bezirksgericht während der Sommermonate durch die Öffnung des Atriums über Nacht natürlich zu kühlen. „Die beste Technik hilft freilich nichts, wenn die Menschen, die sie nutzen, nicht mitspielen“, so Rasch. Daher leisten die Expertinnen und Experten der BIG auch Aufklärungsarbeit. „Das ist unser tägliches Geschäft. Die meisten, die bei uns arbeiten, sind schon lange und sehr intensiv mit Nachhaltigkeitsthemen konfrontiert. Das Interesse an innovativen, nachhaltigen Lösungen ist bei den allermeisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der DNA verankert.“


Auf der Agenda
In Oberösterreich nimmt die Gesundheitsholding (OÖG) ihre Verantwortung wahr. Ausstiegsbemühungen aus der fossilen Energie und die Diversifizierung  der Versorgungsinfrastruktur stehen schon seit Längerem auf der Agenda. Sukzessive werden die Dekarbonisierung der Energieversorgung bzw. der Umstieg auf nachhaltige CO2-neutrale Systeme realisiert. In drei bis fünf Jahren soll dieser Prozess abgeschlossen sein. „Wir beteiligen uns an Biomasseversorgern, die mit regionalen Rohstoffen arbeiten.

Dann können wir in unseren Häusern, die noch am Erdgas hängen, die fossilen Energieträger ersetzen. Dabei fokussieren wir, neben Biomasse, auch auf die Erzeugung von Sonnenenergie“, sagt Mag. Dr. Franz Harnoncourt, Vorsitzender der OÖGGeschäftsführung. Eine strategische Entscheidung, die auch der Betriebsrat positiv bewertet und voll unterstützt. Betriebsrat-Vorsitzender Alfred Mayr: „Es ist, denke ich, für alle ein gutes Gefühl, unabhängiger zu werden. Der Gesundheitsbetrieb ist ein hochsensibler Bereich, wo die stabile und störungsfreie Stromversorgung einfach oberste Priorität hat.“ Mit der Inbetriebnahme der ersten Photovoltaikanlage am Med Campus des Kepler Universitätsklinikums Linz startete im August 2022 die große Solaroffensive.

Im November wurde sie mit Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Salzkammergut- Klinikum-Standorte Gmunden und Vöcklabruck fortgeführt. Allein mit diesen Projekten werden künftig jährlich rund 500.000 kWh an erneuerbarer Energie erzeugt, was in etwa einem durchschnittlichen Jahresstromverbrauch von bis zu 200 Haushalten entspricht. Von der CO2- Einsparung profitiert einerseits die Umwelt, da die OÖG den Anteil an fossiler Energie reduziert und die Stromkosten verringert, und andererseits werden gleichzeitig die Energienetze entlastet, weil 100 Prozent des erzeugten Ökostroms vor Ort verbraucht werden.

Alle machen mit
Energie erzeugt wird auch im Klinikum Freistadt – und zwar mit einer Biomasse-Wärmeanlage. Seit 1990 ist diese bereits in Betrieb, jährlich wandern etwa 650 bis 750 Tonnen Waldhackgut aus forstwirtschaftlichen Betrieben der Umgebung in die beiden Kessel. Der große Kessel (1.000 kW) stellt die Hauptwärmequelle für den Winter dar und der kleine Kessel (500 kW) wird in der Übergangszeit betrieben.

Die gesamte erzeugte Wärmeenergie beträgt circa 2.300 MWh und versorgt neben Klinikum und der Gesundheits- und Krankenpflegeschule auch die nahe gelegene Landwirtschaftliche Berufs- und Fachschule sowie das Rinderkompetenzzentrum Freistadt. Mittels einer thermischen Solaranlage wird hingegen im Klinikum Bad Ischl die Wärmeversorgung und die Warmwasserbereitung unterstützt. Energie aus dem anfallenden Kondensat wird in einem Pufferspeicher genutzt, um Heizungswasser vorzuwärmen.

Darüber hinaus unterstützt die Anlage das Heizungssystem und die Entfeuchtung der OP-Räume. Derartige Vorzeigeprojekte am Arbeitsplatz können auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nachhaltig Nachdenkprozesse anregen, ist Betriebsratsvorsitzender Alfred Mayr überzeugt. Dass gerade die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtige Multiplikatoren in Sachen Umweltschutz und Nachhaltigkeit sind, ist der OÖ Gesundheitsholding bewusst. So erhielten alle MitarbeiterInnen wiederverwendbare Aufkleber mit Energiespartipps – diese sollen den Energiespargedanken nicht nur am Arbeitsplatz stärken, sondern auch im privaten Bereich anregen.