06.03.2024

Gleitzeit: Berücksichtigung von laufend bezahlten Mehrleistungen

Überstundenpauschalen und All-In-Bezüge

Dieser Beitrag stammt aus dem GÖD-Magazin 6/2023
von Mag. Stefan Jöchtl

 

Auch in den eigenrechtsfähigen Betrieben des Bundes ist die gleitende Arbeitszeit meist das primäre Modell der Arbeitszeit. Während für das Dienstrecht des Bundes der Gesetzgeber eine klare Regelung bezüglich der Bewertung von pauschal abgegoltenen Mehrleistungen im Rahmen von Überstundenpauschalen und All-In-Bezügen getroffen hat1, bleibt dies für den großen Bereich des AZG der betrieblichen Regelung im Rahmen der zwingend erforderlichen Betriebsvereinbarung überlassen (sofern nicht eine kollektivvertragliche Vorgabe besteht). Einerseits ist dabei wohl anzuerkennen, dass vorweg laufend abgegoltene Arbeitsleistungen bei der Berechnung der geleisteten Arbeitsstunden zu berücksichtigen sind, andererseits ist aber grundsätzlich die im Rahmen der gleitenden Arbeitszeit erbrachte Arbeitsleistung von (angeordneten, auch implizit durch das Ausmaß der übertragenen Aufgabe) Mehrleistungen zu trennen. Damit ist in einem ersten Schritt davon auszugehen, dass auch Bezieher:innen von pauschalen Mehrleistungsabgeltungen jedenfalls in die Gleitzeitregelung einbezogen werden können und auch sollen2.

Zwar könnten Betriebsinhaber und Betriebsrat diese Gruppe explizit ausnehmen, dafür bedürfte es aber wohl zwingender objektiver Gründe, denn auch Betriebsvereinbarungen müssen Differenzierungen sachlich vornehmen. Generell ausgenommen werden könnten nur die leitenden Angestellten im Sinne des Arbeitszeitrechts (nicht zu verwechseln mit der wesentlich engeren Ausnahme der leitenden Angestellten im Sinne der Zugehörigkeit zur Arbeitnehmerschaft und damit der Vertretung durch den Betriebsrat!), da diese schon vom gesetzlichen Geltungsbereich ausgenommen sind. Dieser Gruppe kann aber umgekehrt wohl ein individuelles Opt-In zugestanden werden. Häufig werden die Bezieher:innen von pauschalen Mehrleistungsabgeltungen bei der Möglichkeit des tageweisen Verbrauchs eingeschränkt, was im Hinblick auf die sachliche Rechtfertigung wohl nicht uneingeschränkt zulässig sein wird.

Zu regeln ist in einem zweiten Schritt dann, wie mit dem Ausmaß der pauschal vorweg entlohnten Mehrleistung umzugehen ist. Rechtlich unproblematisch ist wohl, am Ende der Gleitzeitperiode nicht übertragbare Zeitguthaben so weit als abgegolten zu behandeln und damit technisch gesehen auszubuchen, als diese in der Abgeltung der Mehrleistung enthalten sind (im Sinne einer Deckungsprüfung). Ebenso wird aber auch, wie es gesetzlich die Vorgabe im Dienstrecht des Bundes ist, eine monatliche Abrechnung der mit dem laufenden Entgelt bereits abgegoltenen Stunden erfolgen können. Dies entweder am Monatsende, als das dann noch bestehende Zeitguthaben gegen die abgegoltene Mehrleistung saldiert wird oder aber, und dann wesentlich stärker die Teilhabe an der Gleitzeit beschränkend, durch fortlaufende Saldierung aller zeitlichen Mehrleistungen gegen das abgegoltene Ausmaß, sodass an der Gleitzeit erst nach Erbringung des laufend abgegoltenen Mehrleistungsanteils partizipiert werden kann. Welche der Methoden zur Anwendung gebracht wird, liegt primär in der Verantwortung der Parteien der Betriebsvereinbarung, sodass die Belegschaftsvertretung auf entsprechend klare und faire Regelungen auch für diese Gruppe, die je nach betrieblicher Ausrichtung einen nur sehr geringen, oder aber auch bedeutsamen Teil der Belegschaft ausmachen kann, achten wird.

Auszahlung nicht weiter übertragbarer Zeitguthaben
Ein zweites Problem, das in Betriebsvereinbarungen zur Gleitzeit eine klare Regelung erfahren sollte, ist die Frage, was mit in der Gleitzeitperiode (meist das Kalenderjahr) erworbenen Zeitguthaben zu erfolgen hat, die nicht in die nächste Periode übertragen werden können, weil sie das in der Betriebsvereinbarung festgelegte Maximalausmaß überschreiten. Nicht übertragbare Stunden aus einem Zeitguthaben sind gesetzlich grundsätzlich als Überstunden abzugelten und können daher keinesfalls, wie das aber in Betriebsvereinbarungsentwürfen der AG-Seite anzutreffen ist, ersatzlos verfallen („gekappt“ werden)3. Soll also vermieden werden, dass am Ende der Gleitzeitperiode abzugeltende Zeitguthaben bestehen, muss bereits das Entstehen dieser verhindert werden. Das könnte durch eine entsprechend begrenzende Vorgabe in der Betriebsvereinbarung erfolgen, denn wenn ein laufendes Höchstausmaß an zugelassenen Zeitguthaben (ebenso dann auch an Zeitschulden) klar definiert ist, dann kann der/die Arbeitnehmer:in nicht davon ausgehen, dass auch darüber hinaus erbrachte Arbeitsleistungen, die nicht ausdrücklich (worunter aber auch die Erteilung eines Auftrages, der nur mit Mehrstunden möglich ist) angeordnet wurden, abgegolten werden. Nur diesfalls kommt (abhängig von den konkreten Umständen) eine Kappung dieser vereinbarungswidrigen Zeiten in Betracht. Umgekehrt muss aber der/die Arbeitgeber:in alle Arbeitsleistungen, die dann doch zusätzlich erforderlich sind, ausdrücklich anordnen und jedenfalls als meist zuschlagspflichtige Mehrleistung verbuchen.

 

1 Siehe § 48 Abs 3a BDG
2 In diesem Sinn wohl auch die aktuelle Entscheidung des OGH vom 31.08.2022, 9 ObA 1/22w.
3 OGH 30.10.2019, 9 ObA 75/19y.