06.06.2022

Michael Takacs im Interview

„Hilfe kann nur funktionieren, wenn alle an einem Strang ziehen“

Das Bundeskanzleramt berief die „Stabsstelle Ukraine – Flüchtlingskoordination“ ein. Deren Leiter, Generalmajor Michael Takacs, spricht im Interview mit „GÖD aktuell“ über die Zusammenarbeit mit dem Öffentlichen Dienst, die Hilfsbereitschaft der Zivilgesellschaft und zieht ein erstes Resümee.


Von Mag.a LAURA ARI

 

 

 

Generalmajor Michael Takacs: Die Stabsstelle koordiniert und verbindet Behörden, Hilfsorganisationen und Initiativen. Meine Aufgabe ist es, zwischen den Ministerien die Abstimmungen von Maßnahmen zur Unterbringung und Integration schutz- und hilfsbedürftiger Personen aus der Ukraine sicherzustellen, Quartiere aufzustellen und Hilfslieferungen zu organisieren bzw. zu koordinieren. Dazu bin ich mit sämtlichen Hilfsorganisationen, Blaulichtorganisationen, aber auch mit der Wirtschaft im ständigen Austausch und berichte der Bundesregierung und dem Bundeskanzler über meine Aktivitäten. In meiner Stabsstelle arbeiten derzeit verschiedene Experten aus Ministerien bzw. eine Ukrainerin, die seit einigen Jahren in Österreich lebt und den direkten Kontakt vor Ort hält. Das heißt, kurz gesagt, viel telefonieren und unterwegs sein, um die richtigen Menschen an einen Tisch zu bringen. Mein Zugang ist, unkomplizierte und praktikable Lösungen zu finden für die Herausforderungen, die sich stellen.

Wir rechnen mit etwa bis zu 150.000 bis 200.000 Vertriebenen. Das ist die Zahl, die derzeit von Expertinnen und Experten prognostiziert wird. Aber niemand weiß derzeit, was tatsächlich auf uns zukommt. Der Krieg ist nicht berechenbar.

Wir arbeiten sehr eng mit allen Vertretern der Länder und natürlich auch allen relevanten Bundeseinrichtungen zusammen. Auch aus der Flüchtlingskrise 2015 konnten Behörden viel Erfahrung mitnehmen und einfließen lassen. In so einer Situation kann eine gemeinsame und koordinierte Hilfe nur funktionieren, wenn alle an einem Strang ziehen. Das heißt von der ersten Registrierung bis hin zur Aufnahme in Schulen und am Arbeitsmarkt gibt es ein eingespieltes System. Es ist beeindruckend, was die Länder, Gemeinden und natürlich auch die Ministerien hier leisten. Außerdem ist auch die Hilfsbereitschaft in der Gesellschaft enorm groß – auch hier muss einmal
DANKE gesagt werden!

Natürlich trifft es auch in dieser Krise in erster Linie die Kolleginnen und Kollegen der Blaulichtorganisationen. Sie sind auch bestens auf solche Szenarien vorbereitet und können ihr Know-how und ihre Erfahrungen einbringen. Krisenmanagement und rasches Handeln werden in Zeiten von Flüchtlingsströmen notwendig gebraucht. Neben der Polizei und dem Bundesheer darf man aber auch viele andere wichtige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst nicht vergessen: Die Lehrerinnen und Lehrer in Bundes- und Ländereinrichtungen, die mit neuen Herausforderungen konfrontiert sind. Aber auch alle Bediensteten am Arbeitsmarkt, die sich mit den neuen Arbeitskräften auseinandersetzen. Viele Bereiche sind betroffen und alle leisten ihren Beitrag, um den geflüchteten Menschen aus der Ukraine rasch und unbürokratisch zu helfen!

Der Fokus muss darauf liegen, nicht von den Entwicklungen überrannt zu werden und auf diverse Szenarien vorbereitet zu sein. Mein Ziel ist es, dass jeder Flüchtling, der in Österreich ankommt, versorgt und betreut sowie registriert und rasch unterstützt wird. Egal ob die Flüchtenden weiterreisen oder in Österreich bleiben wollen, es darf nicht passieren, dass jemand übrig bleibt!