18.04.2024

Kündigung nur mit Einbindung der Personalvertretung

In diesem Artikel werden die Mitwirkungsrechte der Personalvertretung im Falle einer durch den Dienstgeber veranlassten Beendigung eines Dienstverhältnisses dargestellt.

Dieser Beitrag stammt aus dem GÖD-Magazin 3/2024
von Dr. Martin Holzinger

 

Das Bundes-Personalvertretungs-gesetz (PVG) beinhaltet grundsätzlich wenig unmittelbare Sanktionen für den Fall des Verstoßes gegen das Gesetz durch den Dienstgeber. Gerade im Falle der Auflösung des Dienstverhältnisses durch Kündigung oder Entlassung normiert das PVG jedoch im § 9 Abs 1 lit i PVG entsprechende Sanktionen, sollte die Personalvertretung nicht gesetzeskonform eingebunden werden. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine Norm, welche eines der vielen gesetzlich normierten Mitwirkungsrechte der Personalvertretung beinhaltet. Diese Regelung unterscheidet nicht zwischen pragmatisierten Bediensteten und Vertragsbediensteten. Bei Vertragsbediensteten handelt es sich aufgrund des privatrechtlichen Dienstverhältnisses bei einer Kündigung und einer Entlassung um eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung. Aufgrund der Begründung des pragmatischen Dienstverhältnisses durch einen Hoheitsakt sind bei Beamtinnen und Beamten andere Rechtsinstrumente heranzuziehen.

Die Prüfung des Kündigungsschutzes und Rechtsinstrumente gegen eine ausgesprochene Kündigung des Dienstverhältnisses nach den Normen des Privatrechtes setzen eine Kündigung voraus. Eine „Kündigung“ von öffentlich-rechtlichen Bediensteten stellt rechtlich aber etwas ganz anderes dar,1 die Kündigung ist während des provisorisch-pragmatischen Dienstverhältnisses2 möglich, der „einseitige“ Akt ist ein Hoheitsakt. Der die Kündigung verfügende Bescheid kann nicht vor den ordentlichen Gerichten, sondern im Verwaltungsweg bekämpft werden. Ein dem Ergebnis nach vergleichbares Rechtsinstrument wie die Entlassung gibt es zwar auch im BDG, doch ist hier entweder ein Verwaltungsverfahren vorgeschoben (Entlassung wegen mangelnden Arbeitserfolges nach einem Leistungsfeststellungsverfahren3) oder aber ein Disziplinarverfahren, wo als strengste Strafe die Entlassung ausgesprochen werden kann.4 Daneben existiert noch der so genannte „Amtsverlust“, der bei der Verurteilung durch ein inländisches Gericht wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe bestimmten Ausmaßes verurteilt wird.5

Die in § 9 Abs 1 lit i PVG angeführten Beendigungsarten sind einer jener Fälle, wo vom Gesetzeswortlaut her die beabsichtigten Maßnahmen unter Verweis auf § 10 PVG mit dem Ziel einer Verständigung rechtzeitig und eingehend mit dem Dienststellenausschuss (DA) zu verhandeln sind. Würde man die Bestimmung wörtlich auslegen, dann müsste tatsächlich jede dieser Beendigungsarten vor deren Umsetzung mit dem DA jener Dienststelle verhandelt werden, wo die konkret betroffene Person ihren Dienst versieht.6 Das Vertretungsrecht im PVG ist jedoch so aufgebaut, dass sich die Zuständigkeit des Personalvertretungsorgans danach richtet, von welcher Ebene der Behörde die geplante Maßnahme angeordnet wird. Liegt die organisatorische oder verfahrensrechtliche Kompetenz für eine bestimmte beabsichtigte Maßnahme nicht bei dem Dienststellenleiter, bei dessen Dienststelle der DA errichtet ist, sondern höher in der Verwaltungshierarchie auf einer Ebene, auf der ein Fachausschuss (FA) oder ein Zentralausschuss ZA) errichtet ist, so wird aus der Kompetenz des DA eine solche des Fach- oder Zentralausschusses.7

Es ist davon auszugehen, dass eine Kündigung nicht die Dienststellenleitung verfügen kann, sondern nur die übergeordnete Dienstbehörde, die Personalkompetenz besitzt und die Kündigung aussprechen darf. Dies bedeutet, dass in der Regel der FA oder der ZA vor dem Ausspruch einer Kündigung einzubinden ist. Nur in dem Fall, wo die Kündigung von der Dienststellenleitung zwar nicht ausgesprochen, aber im Wesentlichen von dieser initiiert wird, ist zusätzlich auch dieser DA einzubinden.8 Der Antrag eines Dienststellenleiters an die Dienstbehörde, eine Kündigung gegen einen Bediensteten auszusprechen, ist einer jener Fälle, wo auch der DA einzubinden ist, obwohl die Kündigung nicht der Dienststellenleiter, sondern die Dienstbehörde ausspricht.9 Der zur Einbindung der Personalvertretung iSd § 9 Abs 1 bis 3 PVG verpflichtete Dienstgeberrepräsentant handelt gesetzwidrig, wenn er diese Einbindung unterlässt und die beabsichtigte Maßnahme ohne eine solche rechtzeitige und nachweisliche Verständigung trifft.10 Die Mitwirkung der Personalvertretung kann nicht als „Formalismus“ abgetan werden, ihr gibt das PVG vielmehr ganz besonderes Gewicht.11

Als unmittelbare Rechtsfolge ist unter den Voraussetzungen des § 10 Abs 9 PVG die Auflösung vom Gericht für unwirksam zu erklären.12 Damit wird der Mitwirkung der Personalvertretung bei der Kündigung eines Bediensteten besonderes Gewicht beigemessen.13 Unter diesen „Vorausset-zungen“ versteht der OGH, dass die Auflösung des Dienstverhältnisses vom Gericht für unwirksam zu erklären ist, wenn die betroffene Person innerhalb von sechs Wochen, nachdem ihr die Verletzung des PVG bekannt geworden ist (bzw. spätestens jedoch sechs Monate nach dem Tag, mit dessen Ablauf das Dienstverhältnis durch die Maßnahme gemäß § 9 Abs 1 lit i PVG endet), eine entsprechende Klage beim zuständigen Arbeits- und Sozialgericht einbringt. Das Gericht hat dann nach Prüfung der behaupteten Verletzung des PVG unter der Voraussetzung der fristgerecht eingebrachten Klage die Kündigung/Entlassung für unwirksam zu erklären, ohne das Vorliegen von Kündigungs- bzw. Entlassungsgründen näher zu prüfen. Pragmatisierte Bedienstete können an Stelle der Beschreitung des Arbeitsgerichtsweges unter den beschriebenen Voraussetzungen und Einhaltung der Fristen einen Antrag auf Rechtsunwirksamkeit der Maßnahme stellen.14

Die Kündigung eines Vertragsbediensteten ist nur zulässig, wenn hiefür Gründe bestehen. Die Personalvertretung ist verpflichtet, das Vorliegen des von der Dienstgeberseite behaupteten Kündigungsgrundes zu prüfen. Hat sie keine ausreichenden Anhaltspunkte für das Bestehen des Kündigungsgrundes, muss sie die Konkretisierung des Grundes verlangen. Die Personalvertretung handelt gesetzwidrig, wenn sie einer beabsichtigten Kündigung zustimmt, ohne konkrete Anhaltspunkte für deren Berechtigung zu haben.15 Der Dienstgeber ist jedoch nicht verpflichtet, den Grund für die geplante Personalmaßnahme der Personalvertretung zur Kenntnis zu bringen. Er „riskiert“ damit aber, dass die Personalvertretung sich jedenfalls gegen die geplante Maßnahme ausspricht. Es ist grundsätzlich empfehlenswert, dass die Personalvertretung unverzüglich nach Bekanntwerden der geplanten Beendigung des Dienstverhältnisses mit der betroffenen Person Kontakt aufnimmt und sie darüber informiert – die Personalvertretung darf sich jedenfalls nicht darauf verlassen, dass die Angaben des Dienstgebers zum vorgeworfenen Verhalten korrekt und vollständig sind. Ist der FA einzubinden, so wird dieser wohl mit dem DA der Dienststelle der betroffenen Person Kontakt aufnehmen, um einen näheren Informationsbericht zu erhalten.

Diese starken Mitwirkungsrechte unterstreichen die Notwendigkeit und Wichtigkeit der demokratisch gewählten Personalvertretung.

 

1 VfGH 26.3.1952, B 234/51.
2 § 10 BDG.
3 § 22 BDG.
4 § 92 Abs 1 Z 4 BDG.
5 § 27 StGB.
6 Auf die Definition der Dienststellenzugehörigkeit wird hier nicht näher eingegangen.
7 OGH 14. 1. 1986 4 Ob 171/85, Schragel, DRdA 1998, 413.
8 OGH 25. 11. 2021, 9 ObA 114/21m, OGH 14. 1. 1986, 4 Ob 171/85.
9 RS 0052994.
10 OGH 24. 11. 2010. 9 ObA 79/10y = RS 0109407.
11 OGH 24. 11. 2010, 9 ObA 79/10y.
12 OGH 25. 2. 1998, 9 ObA 251/97w, Schragel, Kommentar zum PVG § 9 RZ 3.  13 OGH 11. 11. 1998, 9 ObA 211/98i ua.
14 VwGH 29. 6. 1994, 94/12/0125.
15 PVAK 17. 12. 2012, A33-PVAK/11.