08.09.2025

Mitwirkung bei betrieblichen Änderungen

Handlungsspielräume des Betriebsrats beim Abschluss von Sozialplänen

Dieser Beitrag stammt aus dem GÖD-Magazin 6/2025 von Mag. Stefan Jöchtl

 

Betriebsänderungen
Nicht bei jeder betrieblichen Änderung muss die Belegschaft (repräsentiert durch den Betriebsrat oder die Personalvertretung) eingebunden sein, auch wenn das grundsätzlich ratsam ist. Es müssen aber wesentliche Änderungen im betrieblichen Ablauf, die sich auf die Beschäftigten auswirken, vor der Umsetzung angekündigt (und nötigenfalls verhandelt) werden.1 Ebenso müssen bestimmte punktuelle Maßnahmen2, die im Zuge einer solchen Änderung auftreten können, dem Betriebsrat oder der Personalvertretung vorab mitgeteilt und allenfalls gesondert verhandelt werden.

In Betrieben muss überdies der Betriebsinhaber den Betriebsrat über die wirtschaftliche Lage laufend informieren.3 In diesem Rahmen ist auch über beabsichtigte Betriebsänderungen zu informieren.4 Eine Betriebsänderung, die eine Befassung des Betriebsrates jedenfalls erfordert, liegt insbesondere vor, wenn der ganze Betrieb oder Teile davon eingeschränkt oder stillgelegt werden sollen, beabsichtigte Auflösungen von Arbeitsverhältnissen eine Meldepflicht an das Arbeitsmarktservice5 auslösen, der ganze Betrieb oder Teile verlegt werden sollen, ein Zusammenschluss mit anderen Betrieben erfolgen soll, neue Arbeitsmethoden eingeführt oder Rationalisierungs- und Automatisierungsmaßnahmen von erheblicher Bedeutung erfolgen sollen sowie auch bei einer Änderungen der Rechtsform oder der Eigentumsverhältnisse an dem Betrieb.

Die Information an den Betriebsrat hat dabei so rechtzeitig und so umfassend zu erfolgen, dass dieser die möglichen Auswirkungen der geplanten Maßnahme eingehend bewerten und eine Stellungnahme zu der geplanten Maßnahme abgeben kann. Auf Verlangen des Betriebsrates ist mit diesem über die Gestaltung zu beraten. Dabei kann der Betriebsrat Vorschläge zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung von für die Arbeitnehmer nachteiligen Folgen von Maßnahmen erstatten.

Sozialplan
Nur in Betrieben mit dauernd zumindest 20 Arbeitnehmern6 können Maßnahmen zur Verhinderung, Beseitigung oder Milderung dieser Folgen durch einen Sozialplan, der rechtlich in Form einer Betriebsvereinbarung vereinbart wird, geregelt werden.7 Mit einem Sozialplan sollen also bei der Betriebsänderung auftretende negative Auswirkungen auf die betroffenen Arbeitnehmer abgefedert werden. Voraussetzung dafür, dass ein Sozialplan abgeschlossen werden kann, ist das Entstehen von wesentlichen Nachteilen für zumindest erhebliche Teile der Beschäftigten. Es müssen also die im Rahmen der Betriebsänderung auftretenden Nachteile für die Belegschaft insgesamt eine gewisse Erheblichkeit erreichen. Nur für einzelne Beschäftigte auftretende, auch erhebliche Nachteile, ermöglichen nicht den Abschluss eines Sozialplans.

Ein Nachteil wird vor allem dann vorliegen, wenn sich das Einkommen oder andere geldwerte Vorteile (daher also auch der Entfall von bisher gewährten freien Tagen oder eines Jobtickets) verringern. Wann eine Einkommensreduktion als wesentlich zu beurteilen ist, ist gesetzlich nicht näher festgelegt und muss im Einzelfall bewertet werden, wobei dies (in Analogie zum Schwellwert bei der Beurteilung einer Kündigung als sozialwidrig) bei Einbußen unter 10 Prozent kaum anzunehmen ist. Die Bewertung etwaiger Nachteile für den einzelnen Arbeitnehmer muss dabei in einer gesamthaften Betrachtung erfolgen, dabei sind auch allenfalls auftretende Vorteile zu berücksichtigen und gegenüberzustellen. Die Nachteile können aber auch immaterieller Natur sein, wie etwa eine Verlängerung des Arbeitsweges oder die Umstellung der Arbeitszeit.

Diese wesentlichen Nachteile müssen sich dann auch bei einer größeren Anzahl der Arbeitnehmer konkret (also nicht im Sinne einer Durchschnittsberechnung8) auswirken. Wann dieser Schwellwert erreicht ist, wird unterschiedlich beurteilt. In der einen Richtung wird dieser aber kaum unter einer Grenze von 10 Prozent der Belegschaft angenommen werden können, in der anderen Richtung wird man nicht verlangen können, dass die Mehrheit der Beschäftigten erheblich betroffen sein muss. Wenn die Voraussetzungen für den Abschluss eines Sozialplanes vorliegen, kann dessen Abschluss auch über die Errichtung einer Schlichtungsstelle erzwungen werden, darüber also eine Entscheidung mit Bescheid erwirkt werden, der eine nachprüfende  Kontrolle durch das Bundesverwaltungsgericht und die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ermöglicht. Natürlich kann im Hinblick auf die im Einzelfall zu beurteilenden Schwellwerte ein einvernehmlicher Abschluss eines Sozialplanes grundsätzlich bei jeder erheblichen Betriebsänderung erfolgen.

Maßnahmen
Typische Maßnahmen, die ein Sozialplan umfasst, sind vor allem zusätzliche soziale Leistungen im Sinne von finanziellen Unterstützungsmaßnahmen, aber natürlich auch Begünstigungen bei der Beendigung von Arbeitsverhältnissen, wenn diese im Zuge der Betriebsänderung auftreten, sowie Umschulungs- oder Weiterbildungsangebote oder die Abfederung von Verlusten oder höheren Kosten (z. B. Fahrtkostenersatz oder Einrechnung von Fahrzeiten in die Arbeitszeit bei Verlegung der Arbeitsstätte), dies zumindest für einen Übergangszeitraum.

 

1 Siehe generell § 92 Abs 1 ArbVG bzw § 9 Abs 2 lit a PVG.
2 So etwa Versetzungen.
3 § 108 ArbVG.
4 Für den Bereich der Personalvertretung bestehen auch punktuelle Mitwirkungsrechte, vgl zB § 9 Abs 2 lit d sowie § 9 Abs 3 lit l PVG.
5 § 45a AMFG „Frühwarnsystem“.
6 Personenbezogene Bezeichnungen umfassen in unseren Rechtstexten zum besseren inhaltlichen Verständnis gleichermaßen Personen jeden Geschlechts.
7 Für den Bereich des Bundesdienstes besteht aber eine gesetzliche Regelung zur Abfederung von Organisationsänderungen in § 113e GehG.
8 VwGH Ro 2024/12/0002.