02.03.2023

Neuerungen im PVG

Die aktuelle Novelle zum PVG, welche ein Teil der 2. Dienstrechtsnovelle 2022 ist, macht wieder deutlich, dass hier moderne, praxisnahe Normen geschaffen wurden, indem auf die Möglichkeit der Nutzung neuer technischer Möglichkeiten Bedacht genommen wird.

von Dr. Martin Holzinger

 

Die 2. Dienstrechtsnovelle 20221, welche nach vielen Verhandlungsrunden mit den Expertinnen und Experten der GÖD kurz vor Ende des abgelaufenen Jahres in Kraft gesetzt wurde, beinhaltet auch eine Novelle zum Bundes-Personalvertretungsgesetz (PVG). Einer der wesentlichen Punkte dieser neuen Bestimmungen ist eine Regelung über Sitzungen des Dienststellenausschusses (DA) im Zusammenhang mit der Verwendung technischer Einrichtungen, wonach eine solche Sitzung als Videokonferenz oder als Mischform („Hybridsitzung“ – darunter versteht man eine Sitzung, wo Mitglieder einerseits physisch anwesend sind, gleichzeitig jedoch zumindest ein Mitglied per Video zugeschaltet wird, welches sowohl hört, was in der Sitzung gesprochen wird, als auch dessen Wortmeldungen von den übrigen Mitgliedern gehört werden können) abgehalten werden kann.

Diese in § 22 Abs. 2a PVG geregelte Möglichkeit zeigt deutlich, dass der Öffentliche Dienst auf die Veränderung der technischen Gegebenheiten, aber auch auf die gesellschaftspolitischen Veränderungen rasch reagiert hat. Wer hätte noch vor drei Jahren gedacht, dass es im Verwaltungsbereich des Öffentlichen Dienstes nicht unüblich wird, dass anstelle der Durchführung einer Besprechung in Präsenz immer wieder auch von der Möglichkeit der Abhaltung derselben im Rahmen einer Videokonferenz Gebrauch gemacht wird, und dies ohne eine entsprechende zwingende Notwendigkeit wie Lockdown, Abwesenheit wegen Quarantäne etc. Eine mit dem PVG vergleichbare Regelung für Betriebsräte besteht derzeit noch nicht, eine entsprechende Novellierung des Arbeitsverfassungsgesetztes bzw. der Betriebsrats-Geschäftsordnung ist noch ausständig, was wieder den modernen und praxisnahen Zugang des PVG in diesem Bereich unterstreicht. Unverändert blieb die Regelung, wonach die Sitzungen des DA von der vorsitzführenden Person bzw. bei deren Verhinderung durch die in der konstituierenden Sitzung gewählten Stellvertretung einzuberufen und vorzubereiten ist. Eine DA-Sitzung ist weiters innerhalb zweier Wochen einzuberufen, wenn es unter Angabe des Grundes wenigstens von einem Viertel der Mitglieder verlangt wird.2

Das zu einer Sitzung des DA eingeladene Mitglied hat an ihr teilzunehmen.3 Ein Mitglied eines Personalvertretungsausschusses, das verhindert ist, seine Funktion auszuüben, kann sich durch ein Ersatzmitglied vertreten lassen, welches das verhinderte Mitglied aus der Liste der Ersatzmitglieder des Wahlvorschlages, dem es angehört, selbst aussuchen und der vorsitzführenden Person melden kann. Eine normative Verpflichtung, sich im Falle der Verhinderung vertreten zu lassen, besteht hingegen nicht.

Ausgenommen in der Phase des pandemiebedingten Lockdowns war die Regelung über die Teilnahme an Ausschusssitzungen so zu verstehen, dass die Teilnahme jedenfalls in Präsenz zu erfolgen hat. Nun wurde jedoch der „Ruf“ immer lauter, die Möglichkeit der Abhaltung von DA-Sitzungen per Videokonferenz zu ermöglichen, zumal in den letzten Jahren die Beistellung der IT-technischen Möglichkeiten (Software und Hardware) durch den Dienstgeber beträchtlich ausgebaut wurde (diese gesetzliche Bestimmung bezieht sich auch auf Fachausschuss- und Zentralausschusssitzungen, auch wenn diese nicht ausdrücklich in der gesetzlichen Bestimmung genannt werden. Dies ist damit begründbar, dass die Personalvertretungs-Geschäftsordnung für alle Personalvertretungsausschüsse und nicht nur für Dienststellenausschüsse gilt). Die Entscheidung, in welcher Form die Sitzung des Ausschusses abgehalten wird, trifft die einladende Person. Aus den Gesetzesmaterialien geht hervor, dass bei der Entscheidungsfindung auf die technischen Möglichkeiten des DA Bedacht zu nehmen ist und die Interessen der Mitglieder angemessen zu berücksichtigen sind. Sollte die Sitzung hybrid abgehalten werden, kann jedes Mitglied des Dienststellenausschusses für sich entscheiden, ob es in Präsenz oder per Video-konferenz teilnehmen wird.4

Durch die gleichzeitige Novellierung des § 22 Abs. 4 PVG, wonach der DA nun „unbeschadet des Abs. 2a“ beschlussfähig ist, wenn mindestens die Hälfte seiner Mitglieder anwe-send ist, wird zum Ausdruck gebracht, dass die zur Beschlussfähigkeit erforderliche Anwesenheit nun nicht nur durch physische Präsenz, sondern auch im Rahmen einer Videokonferenz bzw. einer hybrid ab-gehaltenen Sitzung hergestellt werden kann. Unverändert bleibt die Regelung, dass Sitzungen eines Personalvertretungsausschusses „unter Aus-schluss der Öffentlichkeit“ abzuhalten sind. Damit ist jedenfalls bei der Entscheidung, ob bei einer sol-chen Sitzung die „Zuschaltung per Video“ ermög-licht wird, auch darauf Rücksicht zu nehmen, ob die Mitglieder des Ausschusses die Möglichkeit haben, diese technische Möglichkeit zu nutzen, ohne dass eine andere Person (außer allenfalls ein weiteres Mitglied dieses Ausschusses) anwesend ist oder sonst jemand die Möglichkeit hat, von den Inhalten dieser Sitzung akustisch Kenntnis zu erlangen. Damit kann keinem Ausschussmitglied die Teilnahme an einer solchen Sitzung „per Video“ gestattet werden, wenn das Ausschussmitglied nicht gewährleistet, dass es die oben beschriebenen Kriterien der Geheimhaltung erfüllen kann.

Nicht aus dem Gesetzeswortlaut, jedoch aus den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass bei der Entscheidung, in welcher Form die Sitzung abgehalten wird, die Interessen der Mitglieder des Ausschusses angemessen zu berücksichtigen sind. Diese „Rücksichtnahme“ kann sich sowohl auf die Abhaltung der Sitzung in Form einer Videokonferenz bzw. der Ermöglichung einer Hybridsitzung als auch in der Einberufung einer Sitzung ausschließlich in Präsenz erstrecken. Damit kann verstärkt auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich einzelne Mitglieder während der Sitzung nicht an der Dienststelle, sondern an einem anderen Ort aufhalten (beispielsweise bei Homeoffice) und damit dennoch grundsätzlich die Möglichkeit erhalten, per Video an der Sitzung teilzunehmen. Diese nun gesetzlich ermöglichte neue Art der Abhaltung von Sitzungen für Ausschüsse nach dem PVG soll jedoch Präsenzsitzungen nicht ersetzen. Die Praxis zeigt, dass gerade dann, wenn an einer Besprechung eine größere Anzahl von Personen teilnehmen, wo gleichzeitig eine angeregte Diskussion zu erwarten ist und auch gewünscht wird, eine Videokonferenz eine Sitzung, die in Präsenz aller teilnehmenden Personen abgehalten wird, in der Regel nicht ohne einen gewissen Qualitätsverlust ersetzen kann. In diesem Zusammenhang ist wohl auch die einschränkende Novellierung der Bestimmung über Umlaufbeschlüsse (§ 22 Abs. 9 PVG) zu verstehen.

Umlaufbeschlüsse sind Beschlüsse, die keinesfalls in Präsenz gefasst werden. Diese waren bis dato in allen Angelegenheiten zulässig. Diese Möglichkeit schränkt der Gesetzgeber nun insoweit ein, als dies nun für Angelegenheiten ausgeschlossen wird, in denen dienstrechtlich gravierende oder sonst nachteilige Konsequenzen für Bedienstete die Folge sein könnten. Was unter diesen unbestimmten Gesetzesbegriffen zu verstehen ist, wird wohl erst in einiger Zeit durch die Judikatur definiert werden. Den stenographischen Protokollen zur Regierungsvorlage ist jedenfalls zu entnehmen, dass in solchen Fällen vor der Beschlussfassung im Kollegialorgan einer ordnungsgemäßen Debatte eine besondere Bedeutung beizumessen ist. Ohne Zweifel fehlt bei Umlaufbeschlüssen die entsprechende Debatte. Die Möglichkeit einer solchen Debatte ist jedoch bei einer Beschlussfassung im Rahmen einer Videokonferenz bzw. Hybrid-Sitzung jedenfalls gegeben.

 


1 BGBl I 205/2022 vom 29.12.2022.
2 § 22 Abs 2 PVG.
3 § 22 Abs 3 PVG.
4 ErläutRV 1793 BlgNR 27. GP 61.