15.12.2025

Pflegefreistellung

Die Temperaturen sinken – und die Zahl der Erkrankungen steigt an. Wenn Angehörige Pflege benötigen, kann Pflegefreistellung beansprucht werden.

 

Dieser Beitrag stammt aus dem GÖD-Magazin 8/2025 von Mag.a Jasmin Benesch

 

Was müssen Angestellte sowie Arbeiterinnen und Arbeiter beim Antrag einer Pflegefreistellung beachten?

Voraussetzungen
Die Pflegefreistellung ist für Angestellte sowie Arbeiter1 in § 16 Urlaubsgesetz geregelt.2 Der in der Praxis häufigste Fall ist, dass für die notwendige Pflege einer erkrankten Person eine bezahlte Freistellung benötigt wird. Diese kann für alle im gemeinsamen Haushalt lebenden erkrankten Personen beansprucht werden und ist somit unabhängig davon, ob ein Verwandtschaftsverhältnis besteht. Um von einem „gemeinsamen Haushalt“ sprechen zu können, ist nach herrschender Lehre eine tatsächliche Wohngemeinschaft im Sinne des gemeinsamen Wohnens und Wirtschaftens notwendig. Für die Pflege naher Angehöriger dagegen gebührt eine Freistellung auch, wenn diese nicht im gemeinsamen Haushalt leben. Nahe Angehörige sind beispielsweise der Ehegatte, der eingetragene Partner, Kinder, aber auch Eltern sowie Enkelkinder, nicht jedoch z. B. Geschwister.3 Pflegefreistellung ist auch möglich, wenn das Kind4 gesund ist, aber die Betreuungsperson aus schwerwiegenden Gründen ausfällt. Erkrankt beispielsweise ein Elternteil schwer und kann daher das Kind nicht betreuen, dann hat der andere Elternteil Anspruch auf Pflegefreistellung. Zur Begleitung eines noch nicht zehn Jahre alten Kindes bei einem stationären Aufenthalt in einer Heil- und Pflegeanstalt besteht ebenfalls Anspruch auf Pflegefreistellung. 

Dauer 
Die Pflegefreistellung gebührt höchstens im Ausmaß der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit innerhalb eines Arbeitsjahres, unabhängig davon, wie oft oder wie viele Personen betreut werden müssen. Eine mit 20 Wochenstunden teilzeitbeschäftigte Person beispielsweise hat einen Pflegefreistellungsanspruch auf maximal 20 Stunden pro Arbeitsjahr. Ist diese Woche verbraucht und muss ein unter zwölf Jahre altes, erkranktes Kind5 gepflegt werden, kann man eine zweite Pflegefreistellungswoche beanspruchen.6 Die Pflegefreistellung kann je nach Notwendigkeit tageweise oder stundenweise verbraucht werden. Sollte der Anspruch auf Pflegefreistellung zur Gänze erschöpft sein, kann in den beschriebenen Fällen Urlaub ohne vorherige Vereinbarung angetreten werden. 

Meldung
Die Dienstverhinderung muss unverzüglich dem Arbeitgeber gemeldet und der Grund für die Pflegefreistellung nachgewiesen werden. Das Gesetz lässt offen, wie dieser Nachweis zu erfolgen hat. So kann auch die Erklärung des bzw. der Beschäftigten über Grund und Notwendigkeit ausreichen. Verlangt der Arbeitgeber jedoch eine bestimmte Form (z. B. eine ärztliche Bestätigung), muss er die Kosten dafür tragen. Auch während des Urlaubs kann Pflegefreistellung wegen Erkrankung eines nahen Angehörigen erforderlich sein. Diese führt zu einer Unterbrechung des Urlaubs und die Urlaubstage sind entsprechend gutzuschreiben.7

Begleitung während einer Kinderrehabilitation 
Seit 1. November 2023 haben Beschäftigte Anspruch auf Freistellung für höchstens vier Wochen pro Kalenderjahr, wenn sie ihr Kind8, das jünger als 14 Jahre ist, bei einem stationären Rehabilitationsaufenthalt begleiten müssen. Im Gegensatz zur Pflegefreistellung gebührt während dieser vier Wochen kein Entgelt vom Arbeitgeber. Es steht aber Pflegekarenzgeld zu, das beim zuständigen Sozialministeriumservice beantragt werden kann. 

Schutz vor Diskriminierung
Um die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben zu ermöglichen, wurden in den letzten Jahren verschiedene gesetzliche Maßnahmen verankert, wie etwa ein Diskriminierungsverbot im Zusammenhang mit einer Pflegefreistellung.9 Auch wurden sowohl Kündigungen, die wegen Pflegefreistellung erfolgt sind, als auch Kündigungen während einer Freistellung zur Begleitung für eine Kinderrehabilitation erschwert: Die erstere kann von dem Arbeitnehmer bei Gericht angefochten werden, letztere ist ohne Zustimmung des Gerichts rechtsunwirksam. 

 

1 Personenbezogene Bezeichnungen umfassen in unseren Rechtstexten zum besseren inhaltlichen Verständnis gleichermaßen Personen jeden Geschlechts.
2 Dieser Artikel befasst sich ausschließlich mit dem Recht der Angestellten sowie der Arbeiter, nicht jedoch der Bundes- und Landesbediensteten und deren gesonderten Regelungen im jeweiligen Dienstrecht.
3 Siehe § 16 Abs 1 UrlG: Als nahe Angehörige sind der Ehegatte, der eingetragene Partner und Personen anzusehen, die mit dem Arbeitnehmer in gerader Linie verwandt sind, ferner Wahl- und Pflegekinder, im gemeinsamen Haushalt lebende leibliche Kinder des anderen Ehegatten oder des eingetragenen Partners oder Lebensgefährten sowie die Person, mit der der Arbeitnehmer in Lebensgemeinschaft lebt.
4 Das ist das eigene Kind (Wahl- oder Pflegekind) oder ein im gemeinsamen Haushalt lebendes leibliches Kind des Ehegatten, des einge-tragenen Partners oder Lebensgefährten (§ 16 Abs. 1 Z. 2 UrlG).
5 Das eigene Kind (Wahl- oder Pflegekind) unabhängig davon, ob im gemeinsamen Haushalt lebend; oder das im gemeinsamen Haushalt lebende leibliche Kind des Ehegatten oder eingetragenen Partners oder Lebensgefährten (§ 16 Abs 2 UrlG).
6 Zusammengefasst kann gesagt werden, dass für das eigene Kind (Wahl- oder Pflegekind) der gemeinsame Haushalt nie Voraussetzung für die Pflegefreistellung ist. 
7 OGH 15. 12. 2009, 9 ObA 28/09x.
8 Das eigene Kind, Wahl- oder Pflegekind oder das leibliche Kind des anderen Ehegatten oder eingetragenen Partners oder Lebensgefährten (§ 14e AVRAG).
9 § 5a GlBG bzw § 4a B-GlBG.