Verhalten im Krankheitsfall
Das Verhalten während des Krankenstandes kann auf dem rechtlichen Prüfstand stehen und zu dienstrechtlichen Konsequenzen bis hin zur Auflösung des Dienstverhältnisses führen.

Dieser Beitrag stammt aus dem GÖD-Magazin 3/2025 von Dr. Martin Holzinger
Die primär durch Infektionskrankheiten verursachten Krankenstände gehen im Frühjahr wieder deutlich zurück. Dennoch ist die Frage, welches Verhalten im Krankenstand bei öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich beschäftigten Personen zulässig ist und welche Handlungen zu dienstrechtlichen Nachteilen führen können, nicht an eine bestimmte Jahreszeit gebunden. Zunächst zu den Rechtsgrundlagen: Das Beamten-Dienstrechtsgesetz (BDG) legt fest, dass die Beamtin oder der Beamte (im Folgenden „der Beamte“), die oder der vom Dienst abwesend ist, ohne vom Dienst befreit oder enthoben zu sein, den Grund ihrer oder seiner Abwesenheit unverzüglich der vorgesetzten Führungskraft zu melden und die Abwesenheit zu rechtfertigen hat. Unter diesem „Grund“ ist nicht eine ärztliche Diagnose zu verstehen, sondern es reicht als Begründung z. B. „Erkrankung“. Wenn diese Person durch Krankheit, Unfall oder Gebrechen an der Ausübung ihres Dienstes verhindert ist, so hat sie ihrer vorgesetzten Person eine ärztliche Bescheinigung über den Beginn der Krankheit und nach Möglichkeit über die voraussichtliche Dauer der Dienstverhinderung vorzulegen, wenn sie dem Dienst länger als drei Arbeitstage fernbleibt oder diese Führungskraft oder die Leitung der Dienststelle es verlangt.
Kommt der Beamte dieser Verpflichtung nicht nach, entzieht er sich einer zumutbaren Krankenbehandlung oder verweigert er die zumutbare Mitwirkung an einer ärztlichen Untersuchung, so gilt die Abwesenheit vom Dienst als nicht gerechtfertigt.1 Bleibt der Beamte länger als drei Tage dem Dienst fern, ohne einen ausreichenden Entschuldigungsgrund nachzuweisen, werden die Bezüge für die Gesamtdauer der ungerechtfertigten Abwesenheit eingestellt.2 Der infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens vom Dienst abwesende Beamte hat sich auf Anordnung der Dienstbehörde einer ärztlichen Untersuchung zur Prüfung seines Gesundheitszustandes zu unterziehen, wobei eine Anordnung spätestens drei Monate nach Beginn der Abwesenheit vom Dienst und sodann in Abständen von längstens drei Monaten zu erteilen ist.3 Der Verstoß dagegen bedeutet eine Dienstpflichtverletzung, die zu einem Disziplinarverfahren führen kann, welches sogar mit einer Entlassung enden könnte.
Im Anwendungsbereich des Vertragsbedienstetengesetzes (VBG) gelten Normen, die teilweise inhaltlich ident mit jenen Bestimmungen des BDG sind, teilweise weichen sie jedoch auch ab. Ist eine Vertragsbedienstete oder ein Vertragsbediensteter (im Folgenden „der Vertragsbedienstete“) durch Krankheit oder aus anderen wichtigen Gründen verhindert, ihren oder seinen Dienst zu versehen, so hat sie oder er dies ohne Verzug ihrer oder seiner vorgesetzten Führungskraft anzuzeigen und auf Verlangen den Grund der Verhinderung zu bescheinigen. Der Grund ist jedenfalls zu bescheinigen, wenn die Dienstverhinderung länger als drei Arbeitstage dauert. Ein wegen Krankheit vom Dienst abwesender Vertragsbediensteter ist verpflichtet, sich auf Anordnung seines Vorgesetzten einer ärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Kommt er den erwähnten Verpflichtungen nicht nach, so verliert er für die Dauer der Säumnis den Anspruch auf seine Bezüge, es sei denn, er macht glaubhaft, dass der Erfüllung dieser Verpflichtung unabwendbare Hindernisse entgegengestanden sind.4 In landesdienstrechtlichen Bestimmungen gelten vergleichbare Regelungen.5

Im Anwendungsbereich des Angestelltengesetzes (z. B. in ausgegliederten Einrichtungen) gilt, dass der Angestellte verpflichtet ist, ohne Verzug die Dienstverhinderung dem Dienstgeber anzuzeigen und auf Verlangen des Dienstgebers, das nach angemessener Zeit wiederholt werden kann, eine Bestätigung der zuständigen Krankenkasse oder eines Amts- oder Gemeindearztes über Ursache und Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorzulegen. Kommt der Angestellte diesen Verpflichtungen nicht nach, so verliert er für die Dauer der Säumnis den Anspruch auf das Entgelt.6
Über das Verhalten im gerechtfertigten Krankenstand sagen die dienstrechtlichen Bestimmungen nichts aus. Aus der höchstgerichtlichen Judikatur sind bestimmte Grundsätze abzuleiten: Ein Dienstnehmer muss sich im Falle einer Krankheit und einer dadurch ausgelösten Arbeitsunfähigkeit so verhalten, dass seine Arbeitsfähigkeit möglichst bald wiederhergestellt wird. Er muss deshalb nicht nur die Anordnungen des Arztes einhalten, sondern darf auch die Gebote der allgemein üblichen Verhaltensweisen nicht offenkundig verletzen.7 Auch wenn solche ausdrücklichen Anordnungen über das Verhalten im Krankenstand fehlen, darf der Arbeitnehmer die nach der allgemeinen Lebenserfahrung üblichen Verhaltensweisen nicht betont und offenkundig verletzen. Ob das Verhalten des Arbeitnehmers tatsächlich zu einer Verlängerung des Krankenstandes führte, ist ohne Bedeutung; es genügt die Eignung, den Genesungsprozess zu verzögern.8 In einem Gerichtsverfahren sind keine Feststellungen zu treffen, wonach ein konkretes Verhalten dem Heilungsverlauf abträglich gewesen sei, weil es eben nicht darauf ankommt, ob das Zuwiderhandeln tatsächlich zu einer Verlängerung des Krankenstandes führt, sondern es genügt, dass das Verhalten geeignet war den Heilungsprozess zu verlangsamen.
So hat der OGH entschieden, dass ein die Beendigung des Dienstverhältnisses rechtfertigender Vertrauensverlust des Dienstgebers beispielsweise dadurch entstehen kann, wenn sich der Bedienstete noch in einem solchen Gesundheitszustand befunden hatte, der vernünftig denkende Menschen davon abhalten würde, einen nicht bloß kurzfristigen Lokalbesuch vorzunehmen, wenn dieses Verhalten geeignet wäre, eine Verzögerung des Heilungsprozesses zu bewirken.9 Im konkreten Fall ging es um einen Aufenthalt in einer Diskothek, wo der Bedienstete eine Begrüßungsansprache hielt und mehrere CDs auflegte. Wenn der Arzt Ausgehzeiten von 9:00 Uhr bis 11:00 Uhr bzw. von 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr festlegt und körperliche Schonung verordnet, wobei im konkreten Fall weitestgehende Bett- und Zimmerruhe gemeint war, ist eine mehrstündige Autoreise – auch als Beifahrer – geeignet, den Krankheitsverlauf negativ zu beeinflussen bzw. den Heilungsverlauf zu verzögern.10 In vielen Fällen werden vom Arzt keine „Ausgehzeiten“ oder sonstige Verhaltensregelungen vorgegeben, wodurch „Schonung zu Hause“ als verordnet gilt.
Eine zur Deckung eines lebensnotwendigen Bedarfes dienende Einkaufsfahrt ist nach der Judikatur zulässig. Die Teilnahme an einer Demonstration ist geeignet, den Genesungsprozess hinsichtlich der noch abzuklärenden Schmerzen zu verzögern, was einen gravierenden Verstoß gegen Sorgfaltspflichten bedeutet und die Entlassung rechtfertigt. Der Erkrankte argumentierte, dass dadurch sein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht auf Versammlungsfreiheit nach Art 11 EMRK verletzt wurde. Die Versammlungsfreiheit des Arbeitnehmers befreit ihn nicht von seinen Dienstpflichten, sodass – wenn die Teilnahme an einer Versammlung eine Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit befürchten lässt – das Interesse des Arbeitgebers an der alsbaldigen Wiederherstellung der Arbeitskraft vorrangig bleibt.11 Davon ausgehend, dass sich Bedienstete im Krankenstand „angemessen“ verhalten, ist es dennoch verwunderlich, dass zu diesem Thema eine große Anzahl von OGH-Entscheidungen gefällt wurde, die in den meisten Fällen gegen die erkrankte Person ausgingen. Bei objektiv vernünftigem Verhalten im Krankenstand riskiert man jedenfalls keine Dienstpflichtverletzung.
1 § 51 Abs 1 und Abs 2 BDG.
2 § 12c Abs 1 Z 2 GehG.
3 § 52 Abs 2 BDG.
4 § 7 Abs 1 bis Abs 3 VBG.
5 z. B. § 38 NÖ-Landesbedienstetengesetz, § 13 OÖ-Landes-Vertragsbedienstetengesetz.
6 § 8 Abs 8 AngG.
7 OGH 5. 12. 2024, 8 ObA 54/24k mwN.
8 OGH 24. 2. 2000 8 ObA 12/00y.
9 OGH 10. 9. 1997, 9 ObA 112/97d.
10 OGH 15. 8. 2014, 8 ObA 47/14s.
11 OGH 5. 12. 2024, 8 Ob A 54/24k.