06.05.2022

Vom Betriebsausschuss zum Bundeskongress

Die Bedeutung und Bildung gewerkschaftlicher Organe in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst

von Otto Aiglsperger, Leiter des Bereichs Organisation und Wirtschaft in der GÖD

Österreich ist bekannt für seine rund 125.000 Präsidenten, so viele Vereine gibt es nämlich hierzulande. Da die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) – als Teil des ÖGB – rechtlich als Verein organisiert und im zentralen Vereinsregister des Innenministeriums eingetragen ist, sind auch Sie als Mitglied der GÖD zumindest Mitglied eines Vereins. Die Grundsätze der Organisation wie beispielsweise Aufgaben, Gliederung und Organe (und wie diese gebildet werden) sind in unseren Statuten geregelt. Detaillierte Bestimmungen für die GÖD befinden sich in der GÖD-Geschäfts- und -Wahlordnung. Was auf den ersten Blick sperrig und bürokratisch erscheint, hat allerdings seinen tieferen Sinn. Um als Gewerkschaft effektiv und effizient tätig sein zu können, wird genau diese klare Struktur benötigt. Nur so können wir unsere mehr als 254.000 Mitglieder gut und erfolgreich vertreten.

27 Berufsgruppen – 8 Landesvorstände
Die unterschiedlichen Berufsgruppen der Länder und des Bundes (sowie die in deren Einfluss stehenden Betriebe und Körperschaften) sind in insgesamt 27 Berufsgruppen untergliedert, die sogenannten Bundesvertretungen. Diese tragen üblicherweise entsprechende Bezeichnungen wie z. B. Polizeigewerkschaft oder Gesundheitsgewerkschaft, die Vertretung ihrer Mitglieder erstreckt sich auf das gesamte Bundesgebiet. Zusätzlich sind diese intern nummeriert, so wird beispielsweise die Unterrichtsverwaltung auch als „BV3“ bezeichnet. In jedem Bundesland (mit Ausnahme von Wien) obliegt die fachliche Vertretung der Berufsgruppen den Landesvertretungen, die Summe aller Landesleitungen eines Bundeslandes ergibt den Zuständigkeitsbereich des Landesvorstandes. Die Mitglieder derselben Berufsgruppe aller Landesvertretungen und des Bundeslandes Wien wiederum bilden die Bundesvertretung. Auf Dienststellen- bzw. Betriebsebene übernehmen die gewerkschaftlichen Betriebsausschüsse die Vertretung und Betreuung der Mitglieder. Die Betriebsausschüsse sind erste Ansprechpartner für Informationen der Mitglieder sowie deren Betreuung – wie beispielsweise Auskünfte in dienstrechtlichen Angelegenheiten, Rechtsschutz oder Unterstützungsleistungen. Der Vertretungsbereich der Betriebsausschüsse ist üblicherweise deckungsgleich mit jenem der Dienststellenausschüsse bzw. von Betriebsräten.

Demokratische Legitimierung aller Gewerkschaftsorgane
Sämtliche Organe der Gewerkschaft werden in geheimer Wahl gewählt, teilweise unmittelbar durch Gewerkschaftswahlen, teilweise durch Umlegung von Personalvertretungs- oder Betriebsratswahlen. Die Mitglieder der Bundesvertretungen, der Landesvorstände und des Vorstandes werden alle 5 Jahre im Rahmen von Tagungen durch Delegierte gewählt. Diese Delegierten werden von den Landes- und Berufsvertretungen entsandt, sind repräsentativ für die Mitgliederzahl der jeweiligen Vertretungen und wählen stellvertretend für ihre Organe die Gremien. 2021 war es wieder soweit. Die Bundesvertretungen und Landesvorstände wurden bis zum Sommer neu gewählt, die Vorstandsmitglieder beim GÖD-Bundeskongress im November 2021.

Herausforderung Corona
Seit Gründung der GÖD im Jahre 1945 wurden alle diese Tagungen als Präsenztagungen abgehalten. Aufgrund der Corona-Pandemie war dies zuletzt nur bedingt möglich, für die rund 200 Tagungen der Landesleitungen, die 27 Bundestage, 8 Landeskongresse und den Bundeskongress wurden Alternativszenarien ausgearbeitet. Soweit Präsenztagungen nicht möglich und zulässig waren, wurden diese als „virtuelle Tagung“ mit Videokonferenzsystem durchgeführt. Wahlen sind auch entweder als generelle Briefwahl oder als elektronische Wahl möglich gewesen. Dazu wurde ein EDV-Tool beschafft, das einerseits eine gesicherte Wahlhandlung ermöglicht, andererseits ist es weder der GÖD-IT noch jenen Personen, die dieses Tool für die Durchführung der Wahl anpassen und verwenden, in irgendeiner Art möglich, das Wahlverhalten der Delegierten nachzuvollziehen.

GÖD-Bundeskongress
Den Abschluss zur Bildung der Gewerkschaftsorgane bildet der Bundeskongress. Neben der Wahl der GÖD-Vorstandsmitglieder ist ein wesentlicher Teil die Diskussion und die Abstimmung über die eingebrachten Anträge. Diese behandeln wichtige gewerkschafts-, sozial- und gesellschaftspolitische Inhalte, insbesondere zu den Themen Sozialpartnerschaft, Rechtsstaatlichkeit, Frauen und Familie, Dienst- und Besoldungsrecht, Kollektivvertragspolitik, Digitalisierung, Verwaltungsreform und Gesundheit. Die beim Kongress beschlossenen Anträge bilden den Arbeitsauftrag der Gewerkschaftsspitze für die neue Funktionsperiode.

Kontrolle
Wie bei jedem Verein gibt es in der GÖD eine vereinsinterne Kontrolle und ein Schiedsgericht, deren Mitglieder beim Bundeskongress gewählt werden. Das Schiedsgericht entscheidet über Streitigkeiten, die zwischen einem Mitglied und der Gewerkschaft oder Gewerkschaftsmitgliedern untereinander entstehen. Aufgabe der Kontrollkommission ist insbesondere die Überprüfung und Kontrolle der Buchführung, der Gebarung der Gewerkschaft und die Wahrnehmung von Revisionsaufgaben. Der Jahresabschluss wird zudem von einem externen, unabhängigen Wirtschaftsprüfer geprüft, wobei die Richtigkeit immer mittels Bestätigungsvermerk festgestellt wird.