13.03.2020

Unterhaltsverpflichtung

Neue Erkenntnisse zum Familienbonus Plus

 

Text:MMag.a Elisabeth Brunner: Mitglied des GÖD-Bundesfrauenausschusses,
Richterin am Bundesfinanzgericht BGF, Vorsitzende der BGF FinanzrichterInnen und VerwaltungsrichterInnen

 

Der Familienbonus Plus senkt die Steuerlast meines unterhaltszahlenden Vaters und erhöht damit das verfügbare Nettoeinkommen. Das muss dann auch dazu führen, dass sich mein Unterhalt erhöht.“ So oder so ähnlich überlegte ein 14-jähriges Kind und stellte, vertreten durch das Land Wien als Kinder- und Jugendhilfeträger, den Antrag, die Unterhaltsverpflichtung des Vaters zu erhöhen. Mit dieser Frage beschäftigte sich der OGH in seiner Entscheidung (Beschluss) vom 11. 12. 2019, 4 Ob 150/19s. Er kam zu dem Schluss, dass der Familienbonus nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen ist. Der Familienbonus erhöht daher nicht den Unterhaltsanspruch. Er muss vielmehr, wie auch der Unterhaltsabsetzbetrag, dem unterhaltspflichtigen Elternteil ungeschmälert verbleiben (in der Praxis 50 Prozent des Familienbonus). Wie kann es dann dazu kommen, dass der Unterhaltsanspruch des klagenden Kindes im Ergebnis doch erhöht wurde? Auszugehen ist von den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die steuerliche Entlastung von Unterhaltspflichtigen. Demnach soll im Effekt zumindest die Hälfte der Einkommensteile, die zur Bestreitung des Unterhalts der Kinder erforderlich sind, steuerfrei bleiben. Begründet wird dies damit, dass Steuerpflichtige mit Kindern weniger (steuerlich) leistungsfähig sind als kinderlose. Um dieses Ergebnis zu erreichen, konnte der Unterhaltspflichtige bisher die Familienbeihilfe, die ja in der Regel der betreuende Elternteil bezieht, auf den Unterhaltsanspruch zum Teil anrechnen, sodass dieser gekürzt wurde.1 Durch die zitierte Rechtsprechung zum Familienbonus kommt es nunmehr zur Entkoppelung von Unterhalts- und Steuerrecht. Der Familienbonus hat den deklarierten Zweck, Einkommen, das Eltern für Kinder aufwenden, steuerfrei zu stellen.2 Soweit dies nunmehr durch den Familienbonus erfolgt, ist eine Anrechnung der Familienbeihilfe nicht mehr zu rechtfertigen. Der Entlastungseffekt des Familienbonus übersteigt jenen des bisher zustehenden Kinderfreibetrags deutlich. Es kann daher zu einer Unterhaltserhöhung (bis zu 55 Euro pro Monat) kommen, wenn der unterhaltspflichtige Elternteil die Familienbeihilfenanrechnung in Anspruch genommen hat. Minderjährige Kinder sind daher in der Regel gut beraten, einen Antrag auf Neubemessung des Unterhalts rückwirkend ab 1. 1. 2019 zu stellen. Ausdrücklich unbeantwortet lässt der OGH die Auswirkung für Kinder ab dem 18. Lebensjahr, für die der Familienbonus mit 500 Euro und damit die Steuerentlastung wesentlich geringer ausfällt.

 

Erschienen im GÖD-Magazin 2/20.

Schlagworte

Frauen

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